Rund ein Prozent der Weltbevölkerung ist vom von-Wille­brand-Syndrom (VWS) betroffen. Unter allen vererbten Blutgerinnungsstörungen tritt es am öftesten auf. Was das VWS ausmacht und wie es behandelt wird. // Lisa Müller

Je nach Schweregrad oder Typ der Erkrankung ist der sogenannte von-Willebrand-Faktor (VWF) entweder vermindert (bei Typ 1 und 2), fehlt gänzlich (bei Typ 3 liegt die VWF-Restaktivität bei unter einem Prozent) oder ist (zusätzlich) in seiner Qualität eingeschränkt (bei Typ 2). Da der VWF den Blutgerinnungsfaktor VIII transportiert, ist auch dieser mäßig bis stark vermindert.

Symptome

Je nach Typ des VWS fallen die Symptome mehr oder weniger schwer aus. Die häufigsten sind:

  • Erhöhte Neigung zu Hämatomen und häufiges Nasenbluten
  • Verlängerte Regelblutung bei Frauen
  • Gelenkblutungen mit möglichen Folgeschäden.

Die Blutungsneigung ist beim von-Willebrand-Syndrom meist schleimhautbetont: Neben häufigem und verlängertem Nasenbluten können auch Zahnfleisch- oder Gastrointestinalblutungen den Alltag beeinträchtigen.

Diagnose

Die Diagnose des VWS wird labortechnisch gestellt. Dabei werden folgende Werte bestimmt:

  • Gesamt-VWF-Antigen
  • VWF-Funktionsprüfung
  • Plasma-Faktor-VIII-Spiegel
  • aktivierte partielle Thromboplastinzeit (aPTT)

Sind all diese Werte gleichermaßen um etwa 15-60 % vermindert, spricht man vom Typ 1 VWS. Kann kein VWF-Antigen festgestellt werden und besteht ein deutlicher Faktor-VIII-Mangel, spricht man vom Typ 3. Im Vergleich zu diesen Formen besteht beim Typ 2 ein qualitativer Mangel, der sich durch eine verminderte Konzentration an VWF-Multimeren äußert. Je nach funktioneller Veränderung des Faktors unterscheidet man beim Typ 2 wiederum vier Subtypen (2A, 2B, 2M, 2N).

Behandlung/Therapie

Tranexamsäure (Cyklokapron®): Dieser Wirkstoff sorgt dafür, dass das gebildete Blutgerinnsel langsamer als gewöhnlich abgebaut wird, was zu einer verbesserten Festigkeit des gebildeten Thrombus führt. Daraus lässt sich schließen, dass für die Wirkung des Medikaments noch Restaktivität der Gerinnung bestehen muss. Angewandt wird es demnach bei milderen Typen, meist in Tablettenform für Schleimhautblutungen.

Desmopressin (DDAVP): Dieses Medikament erhält man für zu Hause meist als praktischen Nasenspray. Gespeicherter VWF wird ausgeschüttet, wodurch man kurzzeitig einen erhöhten Spiegel und somit eine schnellere Blutgerinnung erzielt. Der höchste Wert wird nach zirka 50 Minuten erreicht. Es eignet sich deshalb gut als Prophylaxe vor dem Sport oder bei kleineren medizinischen Eingriffen, etwa vor einem Termin bei der Zahnärztin.

Faktorkonzentrate: Ist kaum eine Restaktivität mehr vorhanden (Typ 3, Typ 2B), ist es notwendig den fehlenden Faktor mittels Infusion zuzuführen. Dafür stehen verschiedene Faktorkonzentrate zur Verfügung, die alle zwei bis drei Tage über die Venen verabreicht werden müssen.

Genetik & Vererbung

Vererbt wird das VWS unabhängig von den Geschlechtschromosomen, man spricht von einem autosomalen Erbgang. Das bedeutet, dass sowohl Frauen als auch Männer betroffen sein können. Während beim Typ 1 nur eine Erbanlage fehlerhaft sein muss, damit die Krankheit ausbricht, müssen bei den schweren Formen beide Genanlagen defekt sein. Das ist der Grund, warum das VWS in seiner leichten Form (bei 60 bis 80 Prozent der Diagnosen) häufiger und in den schweren Formen nur sehr selten auftritt. ••

Oft betreffen Blutungen beim von-Willebrand-Syndrom die Schleimhäute.

Literatur

Schneppenheim R./ Budde U. (2010): von Willebrand-Syndrom und von
Willebrand-Faktor: aktuelle Aspekte der Diagnostik und Therapie. Bremen:
UNI-MED-Verlag 3. Auflage

Kurnik K./ Von Depka Prondzinski M. (2009): Von-Willebrand-Syndrom. Ein Leitfaden für Patienten. Stuttgart: TRIAS Verlag

Goodeve A./James P. (2014): von Willebrand Disease, Online unter: https://www.ncbi.nlm.nih.gov/books/NBK7014/

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Der von-Willebrand-Faktor steht in enger Wechselbeziehung zum Gerinnungsfaktor VIII. Auch Mädchen und Frauen sind von dieser ­Gerinnungsstörung betroffen und benötigen Behandlung.